Anne Wiederhold
künstlerische Leiterin
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Intendant*in
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„Längere Zeit vorher im Ausland verbringen und zweisprachig aufwachsen“, das würde Anne Wiederhold jedem raten. Die künstlerische Leiterin der Brunnenpassage in Wien findet ihre Arbeit „cool, innovativ und absolut zeitgemäß und notwendig“. „Es geht um Menschen und es geht ums Zusammenleben.“

Transkript

Drei Ratschläge an Dein 14jähriges Ich!

Eigentlich würde ich mein Leben noch mal so leben, wie ich es gelebt habe. Ich würde mir, glaube ich, die Männer, mit denen ich mich einlasse, viel genauer anschauen. Ansonsten, was Berufliches betrifft, was genau diese Bandbreite in meinem Leben betrifft, von meiner eigenen Persönlichkeit und meinen Fähigkeiten, vom Künstlerischen bis zum Management, das würde ich wieder so machen. Ich würde vielleicht, doch. ich würde vielleicht längere Zeit vorher im Ausland verbringen. Zweisprachig aufwachsen, das würde ich wirklich jedem raten.

Was steht auf Deiner Visitenkarte?

Anne Wiederhold, künstlerische Leiterin, Brunnenpassage.

Was ist das coolste an Deinem Job?

Es geht um Menschen und es geht um Zusammenleben. Es geht darum, ist das möglich, mit so vielen unterschiedlichen Kulturen in dieser Stadt ein Zeichen zu setzen. Und das tun wir und deswegen bin ich sehr glücklich darüber. Also das ist für mich das Coolste. Die, ob das jetzt die Kindertanzklasse sind, die sind einfach so super drauf, wie die sich bewegen. Oder unser DJanes, also es gibt Projekte, die mir besonders am Herzen liegen. Ich finde aber die Arbeit insgesamt cool, innovativ und absolut zeitgemäß und notwendig für Wien und für diese Welt, würde ich vielleicht sogar sagen.

Welche Einschränkungen bringt Dein Job mit sich?

Also die größte Einschränkung ist leider, wie häufig in der Kunst, das Geld. Also dass wir sehr viel immer hin- und hergeschoben werden, was seid ihr denn jetzt. Ist es ein reines Kunstprojekt. Es sind ja auch natürlich soziale Komponenten dabei, bei unserer Arbeit. Und das heißt, dass einfach sehr mühsam ist, wirklich immer wieder für diese Anliegen einzustehen und auch zu sagen, wie wichtig das ist. Wenn man etwas Neues kreieren möchte in dieser Gesellschaft, dann ist das natürlich, muss man sich das auch erkämpfen.

Worum geht es in Deinem Job?

Als künstlerische Leiterin bin ich eigentlich für alles letztlich verantwortlich. Das heißt, dass ich das Programm gestalte. Ich habe natürlich sehr viele Mitarbeiterinnen, die mir dabei sehr viel Unterstützung geben. Und die auch eine eigene Expertise mitbringen. Und wir arbeiten ja aus ganz vielen verschiedenen Backgrounds kommend. Also wir haben sehr viele verschiedene Muttersprachen, Herkünfte und auch künstlerische Genres bei uns an Bord sozusagen. Aber das letzte Wort liegt bei mir und ich bin auch die Einzige, die sozusagen den Gesamtüberblick über alles hat. Programmgestaltung ist das eine, das nächste ist natürlich Repräsentation. Also ich gebe sehr viele Interviews, rede mit vielen Kooperationspartnern, schau mir andere Künstler und Projekte an. Ja, jetzt der nächste Punkt wäre die Finanzierung. Das ist auch in der Kunstszene immer ein sehr wesentlicher Bereich. Ich kümmere mich also um Antragstellungen, Abrechnungen macht Gott sei Dank jemand anders. Aber das heißt, dass ich die ganzen Dinge unterzeichnen muss und verantworten muss. Also das heißt, von A bis Z eigentlich letztlich alles. Kulturpolitik würde ich als nächsten Punkt nennen. Da geht es also darum zu schauen, wie entwickelt sich gerade auch Mygrind Mainstreaming auch in der Kulturpolitik. Was gibt es für neue Impulse. Ich bin kürzlich jetzt auch als Expertin von der Europäischen Kommission in eine Expertengruppe zum interkulturellen Dialog nominiert worden. Das heißt, dass ich dort jetzt auch auf europäischer Ebene schaue, was gibt es für neue Tendenzen, dass ich recherchiere und mich da einfach auf dem Laufenden halte.

Wie sieht Dein Werdegang aus?

Schule und Abitur, ich komme aus Deutschland. Dann habe ich studiert. Und zwar erst mal Betriebspsychologie. Ich bin also Magistra der Psychologie. Auch wenn man das jetzt vielleicht weniger erwartet hätte. Es gibt einen eigenen Studiengang in Deutschland, der beschäftigt sich mit Management und Betriebspsychologie. Das bedeutet Konfliktmanagement, Organisationsentwicklung, Wirtschaftspsychologie im weitesten Sinne. Das ist dort ein eigener Studiengang, den habe ich belegt und auch abgeschlossen. Ich habe meine Diplomarbeit dann wiederum geschrieben über den Organisationsentwicklungsbedarf von Theaterbetrieben. Da fing sozusagen also mein künstlerisches Interesse auch schon an. Parallel zum Studium habe ich eine Schauspielausbildung absolviert. Ja, die Schauspielausbildung war sozusagen für mich sozusagen mein Herz und auch das Wesen, warum ich jetzt, oder der Grund, warum ich jetzt an der Position gelandet bin, wo ich jetzt bin. Das Kulturmanagement ist immer mehr dazugekommen. Ich habe eine Moderationsausbildung gemacht, habe sehr viele, in der Erwachsenenbildung sehr viele Seminare geleitet. Ich war jahrelang ehrenamtlich tätig in vielen politischen, überparteilichen Friedens-, Umweltbewegungszusammenhängen. Auch in der Anti-Atombewegung in Deutschland. Und habe sozusagen dort auch irre viel gelernt. Ich bin dann vor 12 Jahren von Deutschland nach Wien gekommen aus privaten Gründen und habe angefangen, als Schauspielerin zu arbeiten. Habe mich immer dahin orientiert, was mich künstlerisch interessiert, Experimentaltheater. Und habe dann nach einigen Jahren ein Angebot bekommen, ein Festival zu organisieren. Und zwar ein Mozart Festival während des Wiener-Mozart-Jahres mit acht Uraufführungen, die auch alle sehr experimentell waren. Es war also eine sehr gute Kombination, meine künstlerische Arbeit und das Kulturmanagement. Und Wiener-Mozart-Jahr war wiederum ein super Einstieg in Wien, sich da auch einen Namen zu machen. Und im Anschluss bin ich eben gefragt worden, ob ich was ganz Neues aufbauen möchte am Wiener Brunnenmarkt als Intendantin, die Brunnenpassage. Und da bin ich jetzt seit fünf Jahren.

Ginge es auch ohne Deinem Werdegang?

Also ohne den Werdegang geht es garantiert nicht. Also genau diese Vielfalt und diese Palette, die meine Persönlichkeit ausmacht, die braucht es, um künstlerische Leiterin der Brunnenpassage zu sein. Man kann sicherlich alles Mögliche leiten, aber die Brunnenpassage, da braucht man sehr viele kommunikative Kompetenzen. Man muss die Welt gesehen, sage ich einmal. Viele verschiedene Lebensweisen, auch im eigenen, auch privat kennengelernt zu haben, sehr viel Ungewöhnliches ausprobiert zu haben. Experimentaltheater heißt auch immer, an Grenzen gehen und die auch überschreiten. Und genau das machen wir in unserer Arbeit auch.