Heinz Fischer
Österreichischer Bundespräsident a.D.
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Politiker*in
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"Wenn Sie glauben, Samstag und Sonntag ist mir fad, dann täuschen Sie sich", sagt Bundespräsident Heinz Fischer. Was für Ihn das Coolste an seinem Job ist? "Dass ich mir jeden Tag sagen kann: Das, was ich mache, ist für das ganze Land wichtig und nützlich." Ein Gespräch über volle Terminkalender, Berufsalternativen zur Politik und ein Leben mit Sicherheitspersonal.

Transkript

Drei Ratschläge an Dein 14jähriges Ich!

Nütz die Schulzeit gut aus und lerne etwas. Zweitens würde ich sagen, betreibe Sport und kümmere dich um deine Gesundheit, auch wenn es dir noch nirgends zwickt und weh tut, aber sei aktiv, betreibe Sport. Und Drittens würde ich sagen, sei zukunftsorientiert und neugierig und kümmere dich um das, was verändert werden kann und verbessert werden kann in unserer Gesellschaft.

Was steht auf Deiner Visitenkarte?

Auf meiner Visitenkarte steht Dr. Heinz Fischer, Bundespräsident, und eine Telefonnummer.

Was ist das coolste an Deinem Job?

Das Coolste an meinem Job ist, dass ich mir jeden Tag sagen kann, das, was ich mache, ist eigentlich für das ganze Land wichtig und nützlich und nicht irgendwie etwas sehr begrenzt Wirksames oder kaum Wahrnehmbares. Es ist für Österreich wichtig, dass im Amt des Bundespräsidenten jemand tätig ist, der das Land mag und der bereit ist, sich voll einzusetzen

Welche Einschränkungen bringt Dein Job mit sich?

Also das kann ich klar beantworten. Die gravierendste Einschränkung ist, dass man ununterbrochen im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit steht, dass jeder Schritt beobachtet und kommentiert wird und obendrein immer noch ein Kriminalbeamter in der Nähe ist, selbst wenn man mit seiner Frau am Hochzeitstag in ein Restaurant geht, ist der mit dabei, und wenn man unterwegs ein Badezimmer aufsucht, ist der auch in der Nähe.

Worum geht es in Deinem Job?

Also Bundespräsidenten oder Staatspräsidenten gibt es praktisch in allen Ländern der Welt. Sie repräsentieren ihr Land. Sie sind in wichtige politische Entscheidungen eingebunden, ganz besonders, was die Regierungsbildung betrifft. Sie sind ein stabiler Faktor für die Verfassung. Sie haben aber auch Beziehungen zu den einzelnen Menschen, kümmern sich um Einzelschicksale. Sie sind in den Gesetzgebungsprozess eingeschalten. Ganz wichtig, sie repräsentieren ihr Land nach außen bei internationalen Begegnungen. Und sie sollen, wenn es irgendwie möglich ist, auch eine Instanz sein für Moral, für Rechtschaffenheit, also dafür, dass es in dem Land so gut es geht redlich zugeht.Wenn es ein normaler Tag ist, der Kalender ist nicht weit von hier, dann sind eine ganze Reihe von Terminen, Besuchen auf dem Kalender. Heute waren sieben Botschafter, aus Kenia, aus Indien, aus Deutschland, aus Australien, aus den Niederlanden, aus Guatemala und aus Holland, bei mir zum Beispiel ihre Beglaubigungsschreiben überreichen. Also Besuche sind ein ganz wichtiger Teil des Kalenders. Akten, Unterschriften, Personalernennungen sind ein zweiter wichtiger Teil des Kalenders. Telefonate sind ein dritter wichtiger Teil des Kalenders. Reden schreiben und Vorbereiten auf Erklärungen, auf Reden, auf Presseerklärungen ist ein vierter Teil des Kalenders. Und nach außen hinausgehen, in die Gemeinden, in die Bundesländer, morgen früh fahre ich zeitig nach Tirol und übermorgen, glaube ich, muss ich um fünf Uhr früh im Auto sitzen, um von Tirol zum Gemeindetag nach Tulln zu fahren. Also unterwegs zu sein im In- und Ausland ist ein fünfter Teil des Kalenders. Ich glaube, wenn man diese fünf Dinge addiert, hat man wahrscheinlich 90 Prozent des Kalenders. Dann kommen noch Kulturtermine dazu, gestern Abend war ich im Fußballstadion, habe mir ein Ländermatch angesehen. Und heute am Abend ist mein letzter Termin ein Konzert eines vietnamesischen Orchesters aus Anlass des 40. Jahrestages der Beziehungen zwischen Vietnam und Österreich. Morgen Abend wird es auch ein Kulturtermin in Tirol sein. Also da kommt dann noch ein bisschen was dazu. Und wenn Sie glauben, Samstag und Sonntag ist mir fad, dann täuschen Sie sich.

Wie sieht Dein Werdegang aus?

Ich habe in Wien Rechtswissenschaften studiert. Nach meinem Doktorat habe ich beim Straflandesgericht in Wien als Jurist gearbeitet. Dann habe ich ein Angebot bekommen, als Jurist im Parlament zu arbeiten, das habe ich angenommen und dadurch bin ich so stark in die politische Arbeit, oder verstärkt in die politische Arbeit hineingekommen, dass ich 1966 zum ersten Mal kandidiert habe für das Parlament, aber noch nicht gewählt wurde. Aber 1971 wurde ich zum ersten Mal ins Parlament, in den Nationalrat gewählt, war dort mehr als 30 Jahre, ab 1975 als Klubobmann, dann war ich vier Jahre Wissenschaftsminister, dann war ich wieder zurück im Parlament als Klubobmann. 1990 bin ich Parlamentspräsident geworden und 2004 Bundespräsident. Also ich habe den Großteil meiner Arbeitszeit rund um das Parlament und um politische Funktionen verbracht, habe mich aber während meiner Zeit im Parlament an der Universität Innsbruck für Politikwissenschaften habilitiert, habe Vorlesungen gehalten, Prüfungen abgenommen, und bin dann auch zum Universitätsprofessor ernannt worden, habe aber keinen Lehrstuhl übernommen, sondern eben nur Vorlesungstätigkeit. Und dadurch habe ich gewissermaßen zwei Beine gehabt. Wenn die Politik nicht so geklappt hätte, wäre ich in die Wissenschaft gegangen.

Ginge es auch ohne Deinem Werdegang?

Es gibt sicher verschiedene Berufswege, an deren Verlauf man dann auch Kandidat sein kann für das Amt des Bundespräsidenten. Aber wenn man dann gewählt wird, ist es sehr nützlich, wenn man eine solide politische Erfahrung hat, wenn einem, wie man so schön sagt, in der Politik kein X für ein U vorgemacht werden kann. Also Erstens muss man Interesse für Politik haben. Zweitens muss man belastbar sein. Drittens muss man auf verschiedene Situationen solide reagieren können. Viertens muss man ein Verhandlungsgeschick haben. Und Fünftens muss man auch in der Lage sein, Autorität auszuüben oder andere Leute zu überzeugen, oder für eine Sache einzustehen und geradezustehen und sich nicht wie ein Grashalm wegdrängen lassen. Das sind, glaube ich, die wichtigsten Eigenschaften. Wenn man noch Fremdsprachen kann, ist das auch nicht schlecht. Und wie gesagt, politische Erfahrung ist sehr nützlich.